Eisherz by Claus Cornelius Fischer

Eisherz by Claus Cornelius Fischer

Autor:Claus Cornelius Fischer
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 0100-12-31T23:00:00+00:00


23

Im Büro des Hoofdcommissaris brannte noch Licht. Van Leeuwen klopfte und trat ein. Joodenbreest saß an seinem Computer. Im Schein der Schreibtischlampe tanzten seine Finger über die Tastatur, klickten schnelle, kurze Morsebotschaften in das elektronische Datenuniversum hinter dem Bildschirm. Er hatte die Uniformjacke ausgezogen und über die Sessellehne gehängt; sein Hemd war auch am Abend noch schneeweiß und faltenlos. Mit schmalen Augen, die Lippen zu einem farblosen Strich zusammengepresst, las er, was er gerade geschrieben hatte, dann sah er auf und sagte: »Einen Moment noch, Bruno.«

Van Leeuwen trat an das große Fenster auf den Innenhof und sah hinaus. Es war nur ein kleiner Hof, auf drei Seiten begrenzt von den Mauern der Gebäudetrakte, auf der vierten von dem schwarz in der Finsternis dahinfließenden Singel. Das aus den Fenstern des Gebäudes fallende Licht enthüllte einen reetgedeckten Pavillon, umgeben von dürren, winterkahlen Bäumen. Zwischen den Stämmen dokumentierten eine Handvoll bunt glänzender Metallkugeln den Gestaltungswillen eines Gartenarchitekten, gipfelnd in der schlanken Holzskulptur eines reglos über Hof und Fluss wachenden Fischreihers.

Der Commissaris stand so lange schweigend mit dem Rücken zu Joodenbreests Schreibtisch, bis Jaap zu Ende getippt hatte und seinem Drehsessel einen kleinen Schwenker in Richtung Fenster versetzte.

»Bruno«, sagte der Hoofdcommissaris noch einmal, jetzt in einem Tonfall, als wäre er angenehm überrascht, dass sein Tag mit einem so erfreulichen Besuch ausklang. »Nimm dir einen Stuhl. Setz dich doch.«

Van Leeuwen drehte sich um, die Hände in den Hosentaschen, und sagte: »Ich möchte eine Dienstreise anmelden.«

Die Augenbrauen des Hoofdcommissaris wölbten sich nach oben. »Wohin?«

»Nach Mailand.«

»Warum?«

»Es gibt eine Spur, die dorthin führt.«

»In was für einem Fall?«

»Tom Ropers und die Tote von der Müllkippe.«

»Klingt wie der Titel eines Groschenromans«, sagte Joodenbreest. »Das übliche Verfahren in so einem Fall ist ein Amtshilfeersuchen an die Italiener.«

»Ich weiß«, sagte Van Leeuwen. »Das werde ich auch stellen. Aber ich muss trotzdem persönlich hinfahren.«

Die Augenbrauen sanken wieder herab, und Joodenbreest schüttelte sanft den Kopf. »Das kann ich nicht genehmigen.«

»Warum nicht?«

»Weil sich die Nationale Recherche darum kümmert.«

»Woher weißt du das?«

»Ich habe einen Anruf vom Innenministerium bekommen.«

Van Leeuwen ging einen Schritt auf den Schreibtisch zu. »Ohne die Nationale Recherche wäre Sofia Scholenko noch am Leben«, sagte er. »Das KLPD hat sie ihren Mördern geradewegs in die Arme getrieben, und dann haben die ihre Identität eine Woche lang vor uns verheimlicht, obwohl sie wussten, dass wir in dem Fall ermitteln.«

»Soweit ich informiert bin, hatte das taktische Gründe«, sagte Joodenbreest und verschränkte die Arme vor der Brust. »Offenbar hätte die Preisgabe ihrer Identität zur Gefährdung einer Operation geführt, an der die Polizeibehörden mehrerer europäischer Länder …«

»Das ist genau der Quark, mit dem man Journalisten abspeist«, fiel Van Leeuwen ihm schroff ins Wort. »Es wundert mich nicht, dass sie dir diesen Mist aufgetischt haben, aber dass du ihn eins zu eins an mich weitergibst und erwartest, dass ich ihn schlucke, ist schon eine happige Enttäuschung, Jaap!«

»Ach, ja?« Joodenbreest beugte sich ins Licht der Schreibtischlampe. Seit er nicht mehr regelmäßig ins Solarium ging, war seine Haut so fahl, dass man durch die papierdünnen Wangen fast seine Zähne sehen konnte.



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